Seminar für Alte Geschichte
Trauer um Prof. Dr. em. Andreas Mehl
Prof. Dr. Andreas Mehl
Das Seminar für Alte Geschichte trauert um Prof. Dr. Andreas Mehl, der am 14. November 2025 im Alter von 80 Jahren verstorben ist. Er prägte als Ordinarius für Alte Geschichte von 1992 bis 2011 mit großem Engagement die Lehre und Forschung der Klassischen Altertumswissenschaften und blieb uns auch als Emeritus stets eng verbunden.
Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und Angehörigen. In stillem Gedenken, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Alten Geschichte und der benachbarten Fächer im Robertinum.
Nachruf auf Prof. Dr. Andreas Mehl
(16.8.1945 – 14.11.2025)
von Burkhard Meißner
Andreas Mehl wurde in die Wirren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Tangermünde hineingeboren und wuchs in Hessen und in Baden-Württemberg auf. Seine wissenschaftliche Begabung zeigte sich früh: Während seines Studiums in Gießen und Rom war er Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und hat auch später in verschiedenen Formen intensiven Anteil an der Arbeit der Stiftung genommen.
Andreas Mehl nahm zunächst ein Studium der Mathematik und Physik auf, wechselte jedoch dann zur Klassischen Philologie und Geschichte und wurde 1972 in der Latinistik bei Vinzenz Buchheit promoviert mit einer Arbeit über Tacitus’ Darstellung und Bewertung des Kaisers Claudius. Auch in den folgenden Jahren bestimmten Naturwissenschaften und Technik seine wissenschaftlichen Interessen in der Klassischen Philologie und Alten Geschichte mit. Assistent war er zunächst als Klassischer Philologe in der Gräzistik (Gerhard Müller) in Gießen, sodann als Althistoriker bei Hans Georg Gundel ebenda und schließlich als Althistoriker bei Eckard Olshausen in Stuttgart, wo intensiv die historische Geographie betrieben und archäologische, philologische, geographische und universalhistorische Perspektiven aufs Engste miteinander verzahnt wurden. Andreas Mehl habilitierte sich dort 1983 mit einer Arbeit über Seleukos I., die 1986 in den renommierten „Studia Hellenistica“ erschien und ihm große Anerkennung unter Hellenismus-Forschern eintrug.
Andreas Mehls weite Umfassung der Altertums- und Geschichtswissenschaften sowie von Technik, Natur und Geographie führte bald nach der Habilitation zur Vertretung der Alten Geschichte an der TH Darmstadt, der Ernennung zum Professor an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz 1985 und noch im selben Jahr zum Ruf auf die Professur in Darmstadt. Seine weitgespannten Interessen verfolgte er in diesen Jahren weiter; den Bogen spannte er thematisch von Jupitergigantensäulen, maßgeblichen Arbeiten zur römischen Wassermessung und -versorgung bis zur Geschichte des hellenistischen Zypern und einer umfassenden Gesamtdarstellung der historiographischen Literatur in der römischen Kultur. Fortsetzen konnte er diese Arbeiten als Ordinarius in Erlangen seit 1989, wo ein großer und wachsender Schülerkreis Ergebnis von Andreas Mehls didaktischem und pädagogischem Engagement und Geschick wurde.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde Andreas Mehl 1992 nach Halle berufen. Als einer der wenigen Ordinarien, die diesen Weg gingen, gelangte er an der Martin-Luther-Universität und im Robertinum in einen gärenden Bottich großer wissenschaftlicher und menschlicher Fähigkeiten und Erwartungen, aber auch vielfältig und grundstürzend zerrütteter Verhältnisse. Um diese zu sanieren, hatten die Länder Mitteldeutschlands „Hochschulerneuerungsgesetze“ erlassen, die vorsahen, die Hochschulmitarbeiter durch außerordentliche Personal- bzw. Berufungskommissionen auf ihre moralische und fachliche Eignung zu überprüfen. Als Mitglied und Leiter solcher Kommissionen (ABK) investierte Andreas Mehl sehr viel Zeit, seine ganze Sensibilität und Urteilskraft, um dazu beizutragen, dass die Martin-Luther-Universität wissenschaftlich leistungsfähig wurde und zugleich sachgerecht und menschlich über Karrieren und Schicksale entschieden werden konnte. Nach wenigen Jahren wurde diese Hochschulerneuerung allerdings beendet.
Andreas Mehl investierte in der Folge einen erheblichen Teil seiner Arbeit in das Lehren – die meisten seiner Schüler vollendeten ihre Arbeiten in der Hallenser Zeit – und in die Pflege und Entwicklung des Zusammenhaltes und Zusammenspieles der für die Alte Geschichte in seinem Sinne prägenden Wissenschaften: Philologie, Archäologie, Mittlere und Neuere Geschichte, Theologie, Wissenschaftsgeschichte, Philosophie. So schwer dieser Zusammenhalt im Nachwende-Halle räumlich und verkehrstechnisch zu organisieren war, so sehr gelang es doch Andreas Mehl mit Fleiß und Einsatz, sein Fach zu einem Bindeglied der zahlreichen heterogenen Disziplinen zu machen und dadurch einen großen Beitrag dafür zu leisten, dass sich in Halles Universität eine wissenschaftliche Atmosphäre bilden konnte, an die man aus der Ferne mit Wehmut zurückdenkt.
Sein wissenschaftliches Interesse intensivierte sich in Fragen der evolutionären Anthropologie und der Kulturethologie, der Verbindung also naturwissenschaftlicher und hermeneutischer Perspektiven bei der Beschreibung und Erklärung kultureller Phänomene und Entwicklungen. In Matrei hatte er dafür einen interdisziplinären Kreis Gleichinteressierter gefunden und in der Arbeit mit diesen Bestärkung und Inspiration.
2011 trat Andreas Mehl in den Ruhestand, der allerdings keinerlei Ruhe seines umfangreichen publizistischen Schaffens bedeutete: Zu Zypern, Ptolemäer- und Seleukidenreich, Historiographie und Anthropologie, Sozial-, Wissenschafts- und Literaturgeschichte entstanden wichtige Beiträge.
Andreas Mehl hatte wiederholt in seinem Leben mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Im Jahre 2025 verstärkten sich diese; er war aber bereits auf dem Weg einer erkennbaren Besserung, als er am 14. November überraschend starb.
Fleiß, Disziplin, aber auch Humor und Musikalität (nicht nur diejenige des geübten Pianisten, der Andreas Mehl war, sondern auch in metaphorischer Bedeutung) zeichneten sein Wirken aus. Die Schüler, Kollegen und Freunde werden dies ebenso dankbar im Gedächtnis behalten wie sie Andreas Mehls Verantwortungsbereitschaft, seine Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit vermissen, und sie wünschen den Hinterbliebenen, seiner Frau Vera und den Söhnen Christian und Anton, Stärke und Kraft in ihrer Trauer.
Burkhard Meißner
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