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Bettina Reese

Tiere als Opfer - Die Diskussion um die Schlachtopfer der traditionellen Kulte vom zweiten bis zum fünften Jahrhundert.

Die Arbeit wird gefördert durch das Landesgraduiertenstipendium des Landes Sachsen-Anhalt und betreut von Frau Prof. Dr. Angela Pabst.

Über Jahrhunderte hinweg stellte das Schlachtopfer, das heißt die rituelle Tötung eines Tiers in einem sakralen Kontext, einen integralen Bestandteil antiker Kultur und Religion dar, der auf eine lange Tradition zurückblicken konnte und untrennbar mit politischem und gesellschaftlichem Handeln verknüpft war. In der Antike existierten jedoch auch Gruppen, die sich hinsichtlich ihrer Haltung zum Tieropfer deutlich von der ihrer Zeitgenossen unterschieden. Dazu gehörten unter anderem die Philosophen des Neuplatonismus wie z.B. Porphyrios von Tyros.

Die Neuplatoniker vertraten die Vorstellung eines einzigen, höchsten und vollkommenen Gottes und strebten als Lebensziel die Rückkehr und Wiedervereinigung ihrer Seele mit dieser Gottheit an. Daher wurde von ihnen diskutiert, welche Form der Lebensführung und welche Kultpraktiken dem Erreichen dieses Zieles förderlich waren. Während eine kultische Verehrung der höchsten Gottheit durch Tieropfer von den Neuplatonikern in der Regel abgelehnt wurde, wurde die Frage, ob auf einer niedrigeren Hierarchieebene stehende Wesen wie z.B. Dämonen auf diese Weise verehrt werden durften, unterschiedlich eingeschätzt.

Neben den Neuplatonikern lehnten auch die Christen blutige Opfer ab und führten dabei vor allem zwei zentrale Argumente an: Zum einen lehnten sie Opfergaben an jedweden anderen Gott als den eigenen als verbotenen Götzendienst ab. Zum anderen argumentierten christliche Autoren, dass der von ihnen als erlösendes Heilsopfer gedeutete Kreuzestod Jesu Christi die im Alten Testament vorgesehenen Opfer ein für alle Mal überflüssig gemacht hatte. Diese Haltung wurde jedoch von nichtchristlicher Seite immer wieder kritisiert, sodass sich christliche Autoren wiederholt dazu aufgefordert sahen, die eigene Position argumentativ zu verteidigen und die Standpunkte ihrer Gegner zu widerlegen. Auf diese Weise entwickelte sich mit der zunehmenden Entfaltung des Christentums ab dem ersten Jahrhundert eine Diskussion um den Sinn und die Funktion von blutigen Opfern.

Im Dissertationsvorhaben wird eben diese Diskussion aufgegriffen, um zu untersuchen, welche Positionen nichtchristliche - hier insbesondere neuplatonische - und christliche Autoren hinsichtlich des Tieropfers vertraten. Dabei soll zunächst überprüft werden, ob es für Neuplatoniker und Christen prinzipiell vorstellbar war, dass Tiere als Opfermaterie verwendet wurden, welche Adressaten sie damit in Verbindung brachten und welche Funktionen einer solchen Kulthandlung zugeschrieben wurden. Anschließend sollen die Vorstellungen der Neuplatoniker und der Christen zueinander in Beziehung gesetzt werden, um zu prüfen, inwiefern sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Haltung beider Seiten zum Tieropfer zeigen. Der vorgesehene zeitliche Rahmen vom zweiten bis zum fünften Jahrhundert bietet zudem die Möglichkeit zu betrachten, ob und inwiefern sich der bzw. die von der jeweiligen Partei vertretenen Standpunkte im Laufe der Zeit veränderten und ob sich möglicherweise eine wechselseitige Beeinflussung der Positionen ergab.

Aufgrund der inhaltlichen Nähe zu kirchengeschichtlichen Fragestellungen entsteht die Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Ältere Kirchengeschichte.

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